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Gerichtsurteile zu Asbest und anderen Gefahrstoffen

 

Schadstoffe in Innenräumen

Besteht in einer Mietwohnung begründeter Verdacht auf eine Belastung durch Schadstoffe, so muss der Vermieter auf seine Kosten die erforderlichen Untersuchungen veranlassen und für Abhilfe sorgen. So die Entscheidung des Amtsgericht Frankfurt (Akt. 33 C 2618 /98-27).

 

Immobilienkauf, Haftungsrisiko bei Mängelfeststellung

Der Bundesgerichthof (BGH) hat zu Gunsten der Immobilienkäufer entschieden: Wer eine Immobilie verkauft und den Käufer nicht über die beim Hausbau verwendeten gesundheitsgefährdenden Baustoffe informiert, muss u. U. für die Sanierungskosten aufkommen, so der Bundesgerichtshof in einem Urteil zu den Sanierungskosten einer Asbestsanierung.

Ein Immobilienkäufer hatte ein 1980 erbautes Haus mit „Ausschluss der Gewähr für Fehler und Mängel“ gekauft. Der Verkäufer informierte jedoch den Käufer nicht über die beim Hausbau verwendeten Asbestplatten an der Außenfassade.

Verschweigt ein Immobilienverkäufer eine Asbestbelastung, so muss er sich lt. BGH Arglist vorwerfen lassen, wenn er von der Belastung Kenntnis hatte. Dieser Umstand verschärft die Haftung um ein Weiteres, da der Verkäufer in diesem Fall nicht nur für den Mangel an sich, sondern auch für die Verletzung seiner „vorvertraglichen Aufklärungspflicht“ haften muss.

Der BGH war der Auffassung, dass Baustoffe, die bei der Errichtung des Hauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind und rechtlich einen Sachmangel darstellen, über den der Verkäufer den potentiellen Käufer aufklären muss.

Ein Mangel liegt dann vor, wenn die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Schadstoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der Nutzung auftreten können. Bei Wohngebäuden ist dies der Fall, wenn bei Renovierungs- und Umbauarbeiten Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden können. BGH-Urteil vom 27.03.2009, Az. V ZR 30/08.

 

Asbestzementplatten in Mieträumen: Mietminderung nur eingeschränkt zulässig!

Das bloße Vorhandensein asbesthaltiger Bauprodukte in Mietwohnungen ist kein Mangel, so entschied das Landgericht Berlin. Ein Mietmangel liegt erst vor, so das LG Berlin, wenn in Mieträumen keine Veränderungen vorgenommen werden können, weil hierdurch Asbestfasern freigesetzt würden.

Ein Mieter minderte die Miete, weil in seiner Wohnung asbesthaltige Leichtbauwände eingebaut worden waren. Von der Gesamtfläche der Wände waren nachweislich 30% asbesthaltig. Ein Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass von den verbauten Asbestplatten keine akute Gesundheitsgefahr ausgeht. Eine Belastung der Luft in den Wohnräumen mit Asbestfasern wäre nur bei handwerklicher Einwirkung auf die Wände möglich. Handwerkliche Arbeiten an den Wänden sollten auf Empfehlung des Sachverständigen zukünftig ausschließlich von Fachfirmen mit Zulassung nach TRGS 519 durchgeführt werden. Aus diesem Grund entschied das Gericht, dass dem Mieter kein Recht auf Mietminderung zukam. Von den Asbestplatten gehe derzeit keine Belastung aus. Die durch den Asbestgehalt der Wände mögliche aber noch nicht eingetretene Gesundheitsgefährdung wirke sich nicht auf die Nutzbarkeit der Mieträume aus.

Eine Mietminderung kommt nach Auffassung des Gerichts nur dann in Betracht, wenn der Anteil asbesthaltigen Wände mehr als 30 % beträgt (LG Berlin, Urteil vom 03.12.2010, Az. 63 S 42/10).

 

Rechte von Mietern und Vermietern bei Schadstoffvorkommen

Das OLG Hamm sah einen Mangel an der Mietsache aufgrund einer Asbestbelastung in Gewerberäumen als gegeben (Urteil vom 13.2.2002, Az.: 30 U 20/01). Die bloße Gefahr, die von Asbestfasern ausgehe, reiche aus, so die Richter in ihrem Urteil, dass ein ungestörter Gebrauch der Mietsache nicht gewährleistet sei.

Durch einen asbesthaltigen Lüftungskanal seien nachweislich Asbestfasern in die gemieteten Gewerberäume gelangt. Die dadurch erzeugte Sorge der Mieter und Gebäudenutzer reiche aus, um einen Mietmangel zu begründen, so die Richter.

Die Miete war wegen des Mangels an der Mietsache gemindert. Auch hatte der Mieter Instandsetzungsansprüche. Die schadstoffbelastete Lüftungsanlage musste ausgebaut werden. Dass der Geschäftsbetrieb trotz der Asbestgefahr weitergeführt wurde, änderte am Mangel der Mietsache selbst grundsätzlich nichts.

In den allermeisten Fällen ist es notwendig, dass toxische Stoffe in der Raumluft nachgewiesen werden, um ein Recht auf fristlose Kündigung zu haben oder um begründeter Weise anzunehmen zu dürfen, dass die Miete zu mindern ist.

Falls Mieter Minderungsansprüche gegenüber ihrem Vermieter durchsetzen wollen, ist es i.d.R. erforderlich ein Gutachten einzuholen.

Sollte es Schadstoffe in Wohn- oder Gewerberäumen nachweislich geben, müssen Vermieter den Mangel beseitigen. Sollte dies nicht zutreffen, empfiehlt es sich schnellstmöglich, ein Gutachten zu beauftragen. Spätestens im Gerichtsverfahren müssen Vermieter einen vom Mieter dargelegten Zusammenhang zwischen den in der Raumluft befindlichen Giftstoffen, z.B. Asbestfasern in der Raumluft, und einer evtl. bestehenden Erkrankung entkräften können.

 

Sanierungskosten Asbest

Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich in einer steuerzahlerfreundlichen Entscheidung auf den Standpunkt gestellt, dass Kosten für das neue Dach eines Einfamilienhauses, das mit asbesthaltigen Dachplatten gedeckt war, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind (Urteil vom 22.07.1999, EFG S. 1075).

Bei vermieteten Immobilien können Eigentümer vieles steuerlich geltend machen. So z.B. wenn das Dach eines Hauses neu gedeckt oder Nachtspeicheröfen gegen eine Zentralheizung ausgetauscht werden sollen. Es handelt sich hierbei um Instandsetzungsaufwendungen, die steuerlich geltend gemacht werden können.

Wer indes im eigenen Haus lebt, kann keine „Werbungskosten“ absetzen, wohl aber eine Steuerminderung wegen „außergewöhnlicher Belastung“. Eine „größere Aufwendung“ kann demnach zu geringerer Steuerlast führen, wenn sie im Vergleich zu der „überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands als „zwangsläufig“ zu bezeichnen ist.

Die Sanierungskosten können als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden, wenn eine konkrete Gesundheitsgefährdung besteht. Dies ist laut Bundesfinanzhof (BFH) jedoch erst dann zu vermuten, wenn Asbestfasern in das Haus gelangen können.

Eine konkrete Gesundheitsgefährdung muss vor Durchführung der Sanierung über ein Gutachten nachgewiesen werden. Ein zusätzliches ärztliches Attest ist dann nicht mehr erforderlich, so der BFH in seinem Urteil vom 09.08.2001 (Az.: III R 6/01).

Für asbesthaltige Nachtspeicheröfen gibt es Besonderheiten. Da ihnen eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 25 Jahren unterstellt wird, sind sie inzwischen bereits „verbraucht“. Ein Austausch wäre daher ohnehin fällig und damit keine „außergewöhnliche Belastung“.

 

Rechtliches zur Asbestsanierung

Die Verantwortung für die Asbestentfernung (sofern erforderlich) liegt beim Verfügungsberechtigten über die betreffenden Gebäude. Der Architekt haftet nur für die technisch einwandfreie, vollständige Bauplanung, Beratung und Aufklärung. Ausführende Bauunternehmen haben gegenüber ihrem Bauherrn eine Hinweis- und allgemeine Ermittlungspflicht (Gefahrstoffverordnung).

Der Vorlage eines amtsärztlichen Attests zum Nachweis der Gesundheitsgefährdung bedarf es nicht, da bekannt ist, dass von Dächern, die mit Asbestzementplatten gedeckt sind, infolge der Verwitterung, Korrosion und Erosion proportional zum Alter der Platten Asbestfasern freigesetzt werden.

Der Steuerzahler muss sich allerdings die Wertverbesserung in bestimmtem Umfang anrechnen lassen. In einem Urteilsfall ist das ursprüngliche Asbestzementdach, das eine Lebensdauer von 30 Jahren hatte, nach 18 Jahren erneuert worden. Der Steuerzahler hat damit die Dachsanierung 12 Jahre vor Ablauf der normalen Lebensdauer des Daches vorgenommen. Nur die durch die vorzeitige Erneuerung des Daches entstandenen Kosten sind „außergewöhnlich“. Entsprechendes gilt für die Kosten der Entsorgung.

 

Schmerzensgeld bei Asbestbelastung einer Mietwohnung

Eine hohe Asbestbelastung der Raumluft rechtfertigt einen Anspruch auf Schmerzensgeld, so das LG Dresden in seinem Urteil vom 25.02.2011 (Az.: 4 S 73/10).

In einem Mietstreit stritten Mieter und Vermieter um eine Schmerzensgeldverpflichtung aufgrund der Asbestbelastung in den vom Mieter bewohnten Mieträumen (Mietzeit: 1988 bis 2005).

Nach einem vom Mieter im Juni 2006 beauftragten Privatgutachten lag eine erhebliche Asbestbelastung (hier: Asbestbelastung der „Sanierungsdringlichkeitsstufe I“) infolge der in den Räumen verbauten Asbestfaserplatten (Baufathermplatten) vor.

Der Vermieter hatte versäumt seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen und eine Begutachtung der Bausubstanz der Immobilie zu veranlassen. Die weitverbreitete Asbestbelastung von Bauwerken in den neuen Bundesländern war allgemein bekannt, so die Richter.

Das Landgericht sprach dem Mieter eine Mietminderung von 100% sowie ein Schmerzensgeld von 20.000 € zu.